Cf: London – Winkelgasse – Florean Fortescues Eissalon
Shinaya und Mike waren noch einige Meter vom tropfenden Kessel entfernt
und noch viele Kilometer vom Elternhaus der jungen Frau und schon jetzt
war dieses ganze Vorhaben ziemlich unüberlegt. Wer konnte einem
schon genau sagen, ob diese ganze Aktion einen Sinn hatte. Eigentlich
niemand und doch fühlte sich Shin fast dazu verpflichtet mit ihrer
Familie zu sprechen.
Das was Mike sagte, entsprach so ziemlich der Wahrheit. Welcher
Todesser sprach schon offen über das was er war, außer mit
Leuten die so dachten wie man selbst? So etwas tat keiner, zumindest
nicht wenn man unbedingt in Askaban landen wollte.
,,Die Zweifel hast nicht nur du. Sie werden uns beiden wohl kaum auf
die Nase binden was die Todesser vorhaben. Sie werden sicherlich nicht
ihrer Tochter die eine Verräterin ist etwas preis geben, was
vielleicht von großer Bedeutung für alle schwarzen Magier
ist“, meinte sie ernst und schüttelte sachte den Kopf. Warum
konnte sie nicht wie jeder andere aufgewachsen sein. Wie sehr hatte
sich Shinaya als junges Mädchen gewünscht, so zu leben wie
ihre Freunde es taten. Jeder von ihnen hatte sich gefreut in den Ferien
die Eltern zu sehen, doch für die Blonde war dieses Gefühl
nie bestimmt. Sie lebte seit sie 12 war bei ihrer Tante und ihrem
Onkel. Natürlich liebte sie die beiden, doch es war ein riesen
Unterschied ob man jetzt bei ihnen lebte und Eltern hatte die Todesser
waren, als normal aufzuwachsen.
Diese Tatsache hatte die Blondine wohl ziemlich in eine Richtung
gelenkt. Sie war manchmal etwas ernster als andere, sie wollte immer
alles zum Guten wenden, sie redete nicht viel über Dinge die ihr
sehr am Herzen lagen und hatte große angst davor verletzt zu
werden. Ein trauriger Mensch war sie deshalb noch lange nicht,
schließlich lachte sie gerne.
Shinaya schien im Gegensatz zu Mike die Anspannung in Person zu sein.
Sie hatte ein wenig das Gefühl zum Henker zu gehen, als sie auf
die Haustür zu ging. Nicht weil sie angst hatte, schließlich
hatte sie ihrer Familie schon seit über 12 Jahren die Stirn
geboten, sondern weil sie sich einfach elend fühlte hier her
zurück zu kehren, gespannt was sie erwartete und vor allem
angespannt weil sie nicht wusste wie ihre Eltern und ihr
Zwillingsbruder reagieren würden wen sie plötzlich im Zimmer
stand.
Die Begegnung mit Tixi, schien Shinayas Ex-Freund auch irgendwie
amüsant zu finden. Sie hatte kurz seinen Ausdruck gesehen und
konnte sich den Rest denken. Ja, sie ging recht liebevoll mit Hauselfen
um, aber sie sah keinen Sinn darin sie anders zu behandeln als sie
Menschen behandelte.
Schließlich war Tixi mit einer leichten Verbeugung in die
Küche, die im Erdgeschoss lag, verschwunden. Es befanden sich
nicht viele Zimmer unten, aber dafür große. Einmal das
große Wohnzimmer mit Wintergarten das direkt Gegenüber der
Tür lag, dann das Esszimmer deren Tür sich vor der Treppe
befand, eben die Küche auf der rechten Seite der Eingangshalle und
die zweite Tür auf der rechten Seite führte in eine Art
Bibliothek. Dort müsste sich die Mutter der Aurorin aufhalten,
oder oben im ersten Stock, in ihrem Arbeitszimmer. Dort malte sie,
schrieb oder beschäftigte sich mit ihren Parfüms. Shinayas
Vater und Zwillingsbruder waren wahrscheinlich ebenfalls oben, im
Arbeitszimmer. Es waren Vermutungen, doch welche die sicherlich
stimmten.
,,Ja sicherlich. Ich würde mich jetzt am liebsten in das
Wohnzimmer begeben und es mir dort gemütlich machen“, meinte
sie bei Mikes Worten sarkastisch, ließ sich aber zu einem
Lächeln hinreißen. Er kannte sie eben zu gut um zu wissen
wie sie sich hier fühlte. Er kannte sie wohl so ziemlich am
besten, wenn man mal von Billi absah, aber das war ja etwas anderes. Es
war für die beiden nichts ungewöhnliches, dass sie immer
genau wussten was in dem anderen vorging, dies war mit den Jahren
normal geworden und für Shinaya etwas schönes. Sie freute
sich so jemanden an ihrer Seite zu wissen, auch wenn sie nicht mehr mit
ihm zusammen war. Grundlos, dass musste sie sich eingestehen.
Die Blondine war nicht einmal fertig mit denken, da wurde sie aus ihren
Gedanken gerissen. Die Worte die an ihre Ohren drangen kamen so
unerwartet, auch wenn sie diese Tatsache ja geahnt hatte. Doch für
diesen Moment war es viel zu unpassend, viel zu skurril. Shin sah Mike
eine Weile schweigend an. Sie sah in sein Gesicht, in seine Augen und
schwieg einfach nur. Der Ausdruck des Mannes zeigte, das dies eben
nicht gewollt war und doch wusste Shinaya das es ehrlich war. Sie
würde sich so langsam entscheiden müssen, sie würde
endlich ehrlich zu sich selbst sein müssen. Es führte kein
Weg darum herum.
Schnell wollte Mike ablenken, meinte das sie gehen sollten, doch Shin
wollte die Sache nicht einfach ignorieren. Sie räusperte sich
leicht und versuchte irgendwie etwas in Worte zu fassen. Sie wollte mit
ihm reden, doch nicht jetzt- außerdem musste sich sich erst
über ihre Gefühle zu dem Mann klar werden den sie bis vor
eine Weile noch geliebt hatte.
,,Mike...“, meinte sie sanft und sah ihn einfach nur an;,, das-
ja das hat mich eben überrascht. Ich will nicht einfach vergessen
was du eben gesagt hast, das wäre nicht fair, doch der Augenblick
ist nicht günstig, dass siehst du sicherlich wie ich. Ich
möchte mit dir in Ruhe reden.“
Ihre Stimme war sanft und sie rang sich zu einem leichten Lächeln
durch. Dann ging sie auf ihn zu, überlegte ob sie noch eine Geste
von sich geben sollte. Ihn umarmen oder sonst etwas, doch sie kam sich
unbeholfen vor wie ein kleines Mädchen. So etwas passierte ihr
doch eigentlich nie, doch warum ausgerechnet jetzt? Shinaya versuchte
sich wieder etwas zu sammeln, schließlich war sie wegen etwas
anderem hier. Sie hatte Mike gesagt was sie im Moment dachte, auch wenn
sie ihre unklaren Gefühle und die Verwirrung in ihrem Kopf nicht
preis gab, und das musste fürs erste genügen. Sie konnten so
etwas ja schlecht hier besprechen.
,,Wir sollten, denke ich“, meinte sie nach einem unangenehmen
Schweigen und ging voraus. Nun stand der Auror hinter ihr und so konnte
sie ihr Gesicht verbergen. Mit geschlossenen Augen ging die 25
Jährige auf die Treppe zu. Sie wusste nicht was sie machen sollte,
sie musste in Ruhe nachdenken. Die Augen schlugen wieder auf und die
Aurorin stieg zügig die Treppe hinauf. Am obersten Treppenabsatz
wandte sie sich nach rechts und ging den Flur entlang. Auf der linken
Seite befand sich ihr altes Zimmer, das Arbeitszimmer ihrer Mutter und
das Bad. Wenn man den rechten Flur wählte traf man auf das
Arbeitszimmer ihres Vaters, das alte Zimmer von Timothy, das
Schlafzimmer der Eltern, eine Toilette und ein Zimmer dessen Nutzung
Shin unbekannt war. Sie ging gerade auf die eine Tür zu und blieb
davor stehen. Mit der Hand am Türgriff verweilte sie so. Tief ein
und ausatmend versuchte sie wieder zu sich zu kommen. Sie durfte jetzt
nicht so durcheinander sein wegen dem was Mike eben gesagt hatte, das
wäre jetzt ganz ungünstig. Nach ein paar Sekunden klopfte die
Blonde gegen die Tür und es erklang eine Stimme aus dem Inneren
des Zimmer. Also war ihr Verdacht richtig.
Mit einer trotzigen Mine, die sie eben aufgesetzt hatte und darauf
hoffte das sie sich auch gleich so fühlen würde, drückte
Shinaya die Türklinke herunter und trat ins Zimmer, Mike hinter
sich wissend. Ohne zu zögern trat sie in das elegant eingerichtete
Arbeitszimmer und sah ihren Vater an der hinter dem Schreibtisch
saß, dann ihren Bruder der neben ihm stand. Wenn man nicht
wüsste das Timothy und Shinaya Zwilling sind, würde man dies
nicht glauben.
,,Guten Abend Dad, guten Abend Timothy!“, meinte sie mit einem recht freundliche, aber dennoch distanzierten Ton.
Die beiden Männer sahen sie ungläubig an, dann Mike und man
konnte förmlich auf ihren Gesichtern ablesen, dass sie sich
fragten was das ganze sollte.
TBC: Wohnung von Shinaya Scloud